Unser Wissen über Schönheitspflege

Die Experten der Schönheitspflege im IKW liefern fachlich wertvollen Input und sind kompetente Ansprechpartner zu allen Fragen der Schönheitspflege.

Informatives

Journalisten-Training 2017: »Die Haut riecht mit«

Wie riechen wir und wo hat das Parfum seinen Ursprung? Was passiert auf dem Duftmarkt und wie riecht »Zusammenhalt«? Das diesjährige Kosmetik-Training für JournalistInnen ging mit renommierten Referenten diesmal durch die Nase.

EU-Kosmetikverordnung: Parfums sind kosmetische Mittel

Erst einmal ging es um die gesetzlichen Grundlagen für Parfums. Die Theorie spickte Birgit Huber, Kompetenzpartner Schönheitspflege des IKW, mit viel Wissen aus Ihrer langjährigen Praxis. Die Kernaussage lautete: Parfums zählen zu den »kosmetischen Mitteln, unterliegen deshalb – genauso wie Shampoos und Bodylotions – der EG-Kosmetikverordnung. Sie müssen also sicher sein. Gut für die Verbraucher. Duftstoffe werden mit dem Begriff Parfum gekennzeichnet im Rahmen der INCI-Kennzeichnung. Darüber hinaus müssen noch 26 Duftstoffe zusätzlich angegeben werden. Die Kennzeichnung muss außen an Flakon oder Umverpackung in der Zutatenliste (INCI) oberhalb bestimmter Konzentrationsgrenzen erfolgen. Zu finden sind dann Begriffe wie »Geraniol« und »Linalool«. Bevor ein Parfum in den Handel darf, muss sein Erschaffer ein umfangreiches Dossier bei der zuständigen Meldestelle in Brüssel (CPNP) hinterlegen. Dieses muss die Sicherheit sowohl der neuen Duftkreation als auch deren Rohstoffe belegen. Für jedes Parfumöl, das aus sehr vielen einzelnen Inhaltsstoffen zusammengesetzt sein kann, liefert dazu der Rohstofflieferant ein Sicherheitszertifikat.

Großes Gerangel am Duftmarkt: Nischendüfte legen zu

Dorota Marcinkiewicz stellt die Geschichte und den Markt für Düfte dar. Danach wurden im Jahr 2016 weltweit 46,7 Mrd. $ für Düfte ausgegeben, davon allein in Deutschland 2,2 Mrd. Euro umgesetzt. Jährlich drängen über 2000 Neulancierungen auf den bereits übersättigten Markt. Davon überleben höchstens fünf Prozent das darauffolgende Jahr. Den größten Zuwachs verzeichnen exklusive Nischen-Düfte, die nicht überall zu haben sind, gefolgt von luxuriösen Premium-Parfums. Letztere sind auch für die kaufinteressierten 18- bis 34-Jährigen, den Millenials, interessant – mit einer Einschränkung: sie müssen mit einer guten »Story« punkten und von bester Qualität sein. Damit die Story großer Klassiker stets frisch gehalten wird in den Köpfen duftaffiner VerbraucherInnen, erschaffen die Hersteller »Duft-Geschwister«, die medial wie Satelliten um das Ur-Produkt kreisen. Allerdings lohnen sich diese sündhaft teuren »Pillar-Strategien« immer weniger. Schon heute generieren »Influencer« mit eigenem Beauty-Blog oder You-tube-Kanal riesige Verkaufserfolge.

Von Harzen und Hölzern: am Anfang war der Rauch

Dabei hatte das mit dem »Per Fumum« (lat. durch Rauch) einmal ganz klein angefangen. Mit duftendem Räucherwerk aus Weihrauch (Olibanum), Myrrhe und Blüten (Jasmin) versuchten Priester früherer Kulturen (Sumerer, Babylonier, Ägypter) zwischen Himmel und Erde zu vermitteln und die Götter gnädig zu stimmen. Heute setzen wir mit einem Parfum unsere eigene Duftmarke, betreiben damit quasi Marketing in eigener Sache. Dass heute auch Auto- und Telefonhersteller einen eigenen Duft zur Verkaufsförderung nutzen, war eines der Themen von Hanns Hatt, Deutschlands führendem Riechforscher.

Mit Düften gegen Krebs – ein revolutionärer Behandlungsansatz

Seine jahrzehntelange Forschungserfahrung macht ihn kein bisschen geruchsblind: Prof. Dr. Dr. Dr. Hanns Hatt brennt für Düfte und ihre Nutzung. Und dafür, dass schon Schulkinder Gerüche erforschen und jeder von uns täglich seine Nase trainiert. In seinem Vortrag lüftete der promovierte Zellbiologe und Arzt für Naturheilverfahren, der Deutschlands einzigen Lehrstuhl für Forschung über Riechrezeptoren beim Menschen an der Universität in Bochum hält, die »Geheimnisse des Riechens«. Zunächst rief Hatt den Anwesenden die Bedeutung des Riechsinns wieder ins Gedächtnis. Wie wir einen Duft wahrnehmen, ist hochindividuell und nicht genetisch festgelegt. Ob ein Duft als angenehm oder unangenehm empfunden wird, ist das Resultat der Gefühle und Bilder, die wir beim Erstkontakt mit abgespeichert haben. Doch die Geruchsabdrücke im Gedächtnis lassen sich überschreiben, neue Zusammenhänge bewusst trainieren. Diese Erkenntnis nutzt der Riechforscher auch selbst mit einem »Arbeitsparfum«. Versprüht er es, zieht es ihn förmlich zum Schreibtisch. Heute konditionieren viele große Firmen gezielt das Geruchsgedächtnis ihrer Kunden, indem sie ihre Produkte – darunter Neuwagen, Smartphones und Flaschenetikette – mit dem hauseigenen CI-Duft präparieren. Noch verblüffender als die psychologische ist die therapeutische Wirkung von Düften. So zeigen sich ätherische Öle oft wirkungsvoller als Medikamente. Beispiel: Lavendelöl. Es hilft besser beim Einschlafen als ein Schlafmittel. Und Sandelholzduft nimmt es nicht nur mit jedem Haarwuchsmittel auf, er verbessert auch die Wundheilung. Womit bewiesen wäre: die Haut reagiert auf Beduftung.

Professor Hatt und sein Team haben vor dreizehn Jahren bereits bahnbrechende Entdeckungen gemacht. Seinerzeit konnten sie belegen, dass sich in jeder Zelle des menschlichen Körpers Riechrezeptoren befinden, dass jeder menschliche Tumor über für ihn typische Rezeptoren an spezifische Geruchsstoffe andockt und Spermien mit Hilfe ihrer Riechrezeptoren den Weg zur Eizelle finden. Das Schlüssel-Schloss-Prinzip von Riechstoff und passendem Rezeptor ließe sich sowohl in der Krebstherapie – Zitrusduft hemmt das Wachstum von Leberkrebs! – als auch zur Verhütung einsetzen. Und auch die Früherkennung von Krankheiten könnte es revolutionieren. Schon heute kann man bei Prostatakrebs Krebszellen von gesunden Zellen dadurch unterscheiden, dass Krebszellen den Riechrezeptor für Veilchenduft in großen Mengen tragen, gesunde nur wenige davon. Doch nicht nur als Krebsbremse können Aromaöle fungieren: Mit ihnen lässt sich nach Aussage von Prof. Hatt auch die Wundheilung beschleunigen und sogar Asthma lindern. Was aber das echte Riechen angeht, ist unsere Nase der eigentliche Star! Immerhin ist sie unser empfindlichstes Sinnesorgan, kann mit Hilfe von 30 Mio. Riechzellen, unterteilt in 350 Rezeptortypen, rund eine Billion Gerüche unterscheiden. Da steigt selbst eine Hundenase aus, wie eine aktuelle Forschungsarbeit belegt. Womit wir beim »Schnüffeln« und damit beim olfaktorischen Höhepunkt der Veranstaltung wären.

Auf Duftreise: von Iriswurzel bis Pferdedung

Den Praxis-Part übernahm die erfolgreiche und sehr feine »Nase« Geza Schön. Sie (er!) offerierte dem begeisterten Publikum eine exquisite Auswahl an Duftessenzen. Der Kreateur eigener Düfte, wie z.B. dem Image-Duft der Uni Bochum, eröffnete den Gerüche-Kanon mit »Hedion«, das das Wir-Gefühl stärkt, gefolgt von »Iris absolue palida« aus der Iriswurzel – mit 40.000 Euro pro Kilogramm eines der teuersten Parfumöle der Welt. Es folgten mit dem Aldehyd C12-Laurin ein künstlicher Korianderkraut-Duft, eine rauchige Lagerfeuernote (Cadebe) und uriger Pferdegeruch (Cresylacetat). Dass sich die großen Duftfamilien in Chypre, Fougère, holzig, würzig, orientalisch, blumig und Zitrus-Noten aufgliedern, wurde bei diesen beeindruckenden Dufterlebnissen beinahe zur Nebensache. Wichtiger waren Aussagen des international gefragten Parfumeurs, dass natürliche Essenzen nicht immer den naturidentischen vorzuziehen sind. Weder haften sie per se länger auf der Haut oder riechen besser, noch sind sie durch die Qualitätsschwankungen sicherer und verträglicher für den oder die Träger/-in.

Geza Schön entließ die TeilnehmerInnen mit dem würzigen Biber-Lockstoff CastoReum in der Nase – vielleicht Eindruck genug für eine neue Spur im Geruchsgedächtnis und auf ewig verknüpft mit dem spannenden Duftseminar in 2017?

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