Unser Wissen über Schönheitspflege

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Informatives

Kosmetik-Training 2015: Staunen und Lernen über die Haare

Einmal im Jahr lädt der IKW JournalistInnen und BloggerInnen zum Kosmetiktraining. Diesmal widmeten sich in Hamburg und München fünf ausgewiesene Experten auf spannende Weise dem Thema Haare. Ihre Schwerpunkte lauteten:

• Wie ist ein Haar aufgebaut und was hält es intakt?

• Wie müssen Werbeaussagen belegt werden?

• Was steckt in Haarfarben und wie sicher sind sie?

• Die Psychologie der Haare und wie man sie nutzen kann

• Die Haare der Welt: was macht den Unterschied?

Hornfäden: echt stark und manchmal etwas negativ

Haare sind ein wahres Wunderwerk! Dr. Erik Schulze zur Wiesche, Leiter der Haarforschung bei Schwarzkopf-Henkel, lieferte dafür jede Menge Fakten. Zum Beispiel entsteht ein Haar, indem sich Horn bildende Keratinozyten »opfern«. Dass Zellen absterben, damit etwas Neues entsteht, ist laut Schulze zur Wiesche einmalig. Selbst bei Knochen und Zähnen bleiben die Zellen lebendig. Ebenso faszinierend ist, was das Haar im Innersten zusammenhält: 17 verschiedene Keratine (Haarproteine) sind teilweise Helix förmig verdrillt und in einem Netzwerk über Schwefel-, Salz- und Wasserstoffbrücken verbunden. Die einzelnen Zellen sind durch den Zell-Membran-Komplex aus Lipiden, Eiweiß und Ceramiden fest verkittet. Das erklärt, warum ein einzelnes Haar bis zu 100 Gramm Gewicht tragen kann. Weiteres Highlight: das Haar pflegt sich selbst. Talgdrüsen, die an der Haarwurzel sitzen, verteilen geschmeidig machende Fette über die fünf bis zehn Schuppenschichten; die am Haar gebundene 18-Methyleicosansäure (18MEA) lässt Wasser abperlen. Warum kann Feuchtigkeit aus der Luft dann Frisuren ruinieren? »Die Haare nehmen das Wasser auf, werden bis zu 1,5 Prozent länger und 15 Prozent breiter«, erklärt Chemiker Schulze zur Wiesche. Blonde und gefärbte Haare können sogar um 50 Prozent aufquellen. Nicht nur blonde, auch graue Haare haben Nachteile. Sie sind dünner und empfindlicher, nehmen dadurch schneller Schaden. Was tun? Schulze zur Wiesche rät zu Farbe und intensiver Haarpflege, z. B. mit Polyquaternum 10 und High-Tech-Proteinen. Die Pflegestoffe tragen eine positive Ladung, kitten so Schadstellen, die negativ geladen sind. Das Haar wird geschmeidiger und leichter kämmbar. Auch Shampoos mit speziellen Salzen festigen die innere Haarstruktur. Kosmetikhersteller mischen neuerdings bioaktive Wirkstoffe wie Coenzym Q10 in ihre Haarpflegerezepturen. Ziel ist es, den Biostoffwechsel der Haarwurzel zu verbessern und so dem Dünnerwerden der Haare entgegen zu wirken. Aber halten jedes Anti-Aging-Shampoo, jede Pflegekur gegen Haarbruch wirklich was sie versprechen?

Dickere Haare in zwei Wochen? Wenn es denn stimmt...

Dr. Knut Meinert von der Firma Procter & Gamble kennt sich mit den gesetzlichen Anforderungen von Werbeversprechen bestens aus. So müssen laut Europäischer Kosmetikverordnung die Hersteller die ausgelobte Produktwirkung belegen können; ihre Nachweismethoden müssen reproduzierbar sein und auf die Werbeaussage zugeschnitten. Haarpflegeprodukte werden in Labor und Praxis getestet. Der Aufwand ist riesig. Wer z. B. wissen will, ob sich gesplisste Spitzen nach dem Auftragen von Conditioner & Co. geschlossen haben, muss durch ein Rasterelektronenmikroskop blicken. Um festzustellen, ob sich das Haar hinterher leichter entwirren lässt, muss man die Kämmkraft messen. Ohne Sorptionsanalyse mit Wasserdampf lässt sich nicht belegen, wie viel Feuchtigkeit das Haar durch die Pflege aufgenommen hat. Unter dem Auflichtmikroskop sieht man, wie gut sich Farbstoffe beim Färben im Haar verteilen oder wie viele Rückstände nach dem Auskämmen von Spray und Festiger im Haar verbleiben. Es werden Haarbruchprüfungen, Bündelbiegeversuche, Sprungkraftmessungen und Lockenstabilitätstests durchgeführt. Auswerte-Algorithmen errechnen aus äußeren und inneren Farbreflexen wie intensiv das Haar zum Glänzen gebracht wurde.* Und das ist bei weitem noch nicht alles. »Zukünftig«, so Prüfexperte Meinert, »werden auch vom Konsumenten wahrgenommene Produktwirkungen in die Gesamtbeurteilung eingehen.« Man nennt das »Modelling«.

*in punkto Glanz schneiden schwarze Haare übrigens am besten ab

Färbeprodukte: unglaublich gefragt und toxikologisch abgesichert

Anspruch und Wirklichkeit müssen sich auch bei den Haarfärbeprodukten decken. Andernfalls wäre der Markt für Haarfarben nicht so gigantisch: weltweit werden zehn Milliarden Dollar umgesetzt, weiß Dr. Jonathan Wood in Hamburg und Frau Dr. Anja Aechtner in München, beide von KAO. Davon fällt nur ein Zehntel auf direktziehende, nicht permanente Haarfarben. Den Löwenanteil bilden oxidative Haarfarben, bei denen künstliche Farbpigmente ins Innere des Haares eingeschleust werden. Mit dreierlei Entwickler und fünf Klassen von Kupplern lassen sich alle erdenklichen Farbtöne herstellen. Trotzdem werden für die Heimanwendung weltweit letztlich nur 20 bis 30 Nuancen nachgefragt, vom Friseur etwa 150 Schattierungen genutzt. Haarfarben gehören zu den am besten untersuchten Stoffen in kosmetischen Mitteln – nicht ohne Grund. Sie enthalten Stoffe wie Wasserstoffperoxid, die bei nicht sachgemäßem Gebrauch die Haut reizen können.

Für jeden Haarfarbstoff wurde die erbgutschädigende Wirkung in wissenschaftlichen Tests überprüft und ausgeschlossen. * So sind heute sämtliche auf dem europäischen Markt befindlichen Haarfärbeprodukte, permanent und nicht-permanent, maximal auf Sicherheit getestet. In den letzten 10 Jahren wurden dafür u. a. die Sicherheitsdossiers sämtlicher Inhaltsstoffe aktualisiert. Für 47 oxidative und 70 direkt ziehende Farbtöne liegen umfassende Prüfdossiers vor, die von einem unabhängigen europäischen Expertengremium unter die Lupe genommen wurden. Trotz umfangreicher Testungen können vereinzelte allergische Reaktionen nicht ausgeschlossen werden. Die Sensibilisierung kann man sich z. B. im Indien- oder Türkeiurlaub durch ein kunstvoll aufgemaltes temporäres schwarzes Henna-Tattoo quasi »züchten«. Alternative, Allergie-freie oxidative Haarfärbetechnologien, die kontrolliert ablaufen und vergleichbare Ergebnisse liefern, wird es in naher Zukunft nicht geben, sind sich die Haarfarben-Experten sicher.

*So heißt es z. B. in der Presseerklärung vom Bundesintitut für Risikobewertung vom 28.10.2010: »Ein Krebsrisiko durch Haarfärbemittel besteht für Verbraucherinnen und Verbraucher nicht«, sagt BfR-Präsident Professor Dr. Dr. Andreas Hensel.

Haare als Branding und reizvolles Mittel zum Zweck

Warum spielen Haare eigentlich eine so große Rolle? Dr. Joachim Mensing, in Amerika ansässiger Psychologe mit Schwerpunkt Duft und Farbe, hat nachgeforscht: Haare galten als Sitz der Seele, Symbol körperlicher Stärke und magischer Kräfte, waren wichtig für die Gruppenzugehörigkeit und um Respekt einzuflößen. Heute soll ein neuer Haar-Look dazu dienen, aus der Gruppe herauszustechen. Weil es zu viel vom Gleichen gibt, muss man dafür schon die Grenzen des Normalen sprengen: die Haare regenbogenfarben, ganz weiß oder knallig tragen oder sich gleich wie eine Comic-Figur stylen – Hauptsache, Frisur und Farbe werden zum eigenen Markenzeichen (»Branding«). Mensing deutet diese Entwicklung als Ausdruck unserer überstimulierten Gesellschaft. Ausgehend von jungen Wilden macht der Multicolor-Trend auch vor experimentierfreudigen Middle-Agern nicht Halt. Dem gegenüber stehen Konsumentinnen, die mit dem Dauerbrenner Pferdeschwanz oder dem klassischen Bob in punkto Attraktivität auf Nummer sicher gehen wollen. Soweit so erwiesen. Was aber ist mit den gängigen Klischees von der romantischen Blondine, dem exzentrischen Rotschopf, der verführerischen Schwarzhaarigen? Laut aktuellen Studienergebnissen sind sie empirisch nicht belegbar*. Mensing verweist lieber auf belastbare Erkenntnisse aus der Attraktivitätsforschung. »Wir sollten sie zum eigenen Vorteil nutzen«, wünscht sich der Psychologe. Beispiel Leuchtdichte-Kontrast: Wenn sich die Farben von Lippen, Augen und Haaren deutlich von der Hautfarbe absetzen, macht das nachweislich anziehender. Friseure sind gut beraten, ihren Service nicht länger auf die Standard-Typberatung zu beschränken, sondern ihren Kundinnen Farbe und Schnitt gezielt nach der gewünschten Wirkung empfehlen. Aus Sicht des Psychologen heißt das: blonde Töne und asymmetrische Schnitte für Experimentierfreudige; braune Haare mit Seitenscheitel für Frauen, die zu ihren Werten stehen und schwarze Long-Bobs mit tiefem Glanz für die kreative Individualistin. Mit der gewonnenen Erfahrung können Frauen ihre persönlichen »Winning-Looks« kreieren und nach Anlass und Stimmung einsetzen.

*Empirische Studie zur Psychologie der Haarfarben mit 2000 Probanden, durchgeführt an der Universität Saarbrücken

Empfindlich oder robust: der Querschnitt entscheidet

Häufige Frisur-Änderungen können für Asiatinnen mit extrem geraden Haaren und für Afrikanerinnen mit fast unkämmbarer Naturkrause eine echte Herausforderung sein! Ihre Haarpracht lässt sich nicht so einfach umformen, erklärt Dr. Ludger Neumann, Forschungs-Chef bei L’Oréal Deutschland in Hamburg und Johanna Caron in München. Forscher von L’Oréal haben 2400 verschiedene Haartypen aus 22 Ländern untersucht. Fazit: kein Haar gleicht dem anderen, aber alle lassen sich mit einfachen Hilfsmitteln in nur 8 Klassen einteilen! Neben typisch kaukasischen, asiatischen und afrikanischen Haaren gibt es unzählige Mischtypen wie afrikanisch-amerikanisches oder karibisches Haar. Zum Qualifizieren geben Krümmungsradius, Lockengröße und Zahl der Wellen Auskunft über die Lockigkeit. Der Querschnitt und die Größe der Reibungsfläche zwischen den Haaren haben Einfluss auf deren Zustand. Je mehr Reibung, desto stärker werden die Schuppenschichten belastet. Das feine afrikanische Haar mit stark elliptischem Querschnitt leidet am meisten. Mitteldickes kaukasisches Haar, wie es in Europa vorherrscht, ist weniger elliptisch geformt, dadurch auch nur mäßig stark belastet. Dickes asiatisches Haar mit seinem fast runden Querschnitt ist am robustesten, auch weil die Reibungsfläche gering ist. Weltweite Unterschiede gibt es auch bei Haarwachstum, Haardichte und natürlicher Färbung. So wächst asiatisches Haar am schnellsten, afrikanisches am langsamsten. Kaukasisches Haar weist die größte Dichte auf, afrikanisches die geringste. Das tiefste Schwarz findet man bei Indern, die hellsten Naturtöne gibt es bei Nordeuropäern und in Russland. Letzteres ist Segen und Fluch zugleich, denn die hellsten Schöpfe werden am ehesten grau. Für Afrikaner und Asiaten gleichen Alters sind graue Haare weniger ein Thema. Dafür leiden Chinesen am häufigsten unter Schupppen - ausgleichende Gerechtigkeit!

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